Schon Niccola Machiavelli hat in seiner Schrift „Il Principe“ den Satz aufgeschrieben: „Ein Fürst der nicht weise ist, kann auch niemals weise beraten werden“. Ob die Herrschaft der Medici länger gedauert hätte, hätten sie dieses Beratungskompendium vor 500 Jahren gelesen, bleibt Spekulation.
Vierhundert Jahre später hatte es Max Weber als Politikberater nicht mehr mit Aristokraten zu tun. In seiner legendären Rede „Politik als Beruf“ vor dem bayrischen Landesverband des freistudentischen Bundes sagte er: „Grundsätzliche Bedeutung für die politische Motivation Einzelner hat der Wunsch, gute politische Entscheidungen herbeizuführen, um beispielsweise der eigenen Region und dem ganzen Land zu helfen. Dies führt zu einem Einsatz zum Wohle aller Bürger, wie es beispielsweise die Verantwortungsethik postuliert“.
So entwarf Weber vor den jungen Studierenden das Idealbild eines Politikers, der sich als charismatische und frei gewählte Persönlichkeit, mit Leidenschaft und Verantwortungsgefühl und mit Augenmaß regiert. Am wichtigsten war ihm, den Wert der Verantwortungsethik gegenüber der Gesinnungsethik hervorzuheben.
Nach einem weiteren historischen Desaster war es Jürgen Habermas, der in der jungen Bundesrepublik gute politische Entscheidungen durch das Zusammenspiel von Politik und wissenschaftlich- technologischer Beratung sehen wollte.
Politikberatung findet durchaus auf den sogenannten „höheren“ politischen Ebenen statt. Die Abgeordneten des deutschen Bundestages können sich des wissenschaftlichen Dienstes bedienen. Etwas Vergleichbares können die Abgeordneten der Landtage nicht vorfinden, von den Kolleginnen und Kollegen, die in Kommunalen Parlamenten arbeiten, ganz zu schweigen. Dort treffen in den Stadtverordnetenversammlungen, Kreistagen und Gemeindeparlamenten Freizeitpolitikerinnen und Freizeitpolitiker, die sehr überschaubare Aufwandsentschädigungen erhalten, aber teilweise 20 Stunden pro Woche für das Gemeinwohl arbeiten, wichtige Entscheidungen von weitreichender Bedeutung.
Dabei wird deren Entscheidung wie auf keiner anderen politischen Ebene so direkt kontrolliert, kommuniziert und bewertet. Die Kommunalpolitik entscheidet über das direkte politische und gesellschaftliche Umfeld. Gerade dort werden von Politikerinnen und Politiker besondere Fähigkeiten, fachlich und kommunikative, abverlangt. Nur in der Kommunalpolitik kann man wirklich davon sprechen, dass nicht „über die Köpfe hinweg“ entschieden wird.
Aber warum wird in der Kommunalpolitik so vernachlässigt, wo sich auf Bundesebene Politiker spin doctors, Medienberater, Strategiemanagern und beschäftigen und – darüber redet man aber nicht so gerne – sich auch coachen lassen.
In einer Untersuchung der Bertelsmannstiftung zum Berufsbild des Bürgermeisters waren nur 24% der Hauptamtlichen jemals mit Coaching oder Beratung in Berührung gekommen. Trotzdem unterstrichen 78% der Befragten, dass sie mit ihrem Beruf trotz der hohen zeitlichen Belastung sehr zufrieden seien.
Besteht also überhaupt Handlungsbedarf?
Sehen wir uns einige umstrittenen Entscheidungen in Deutschland an, so muss man feststellen, dass Beratung möglicherweise hilfreich gewesen wäre. Stuttgart 21, der Flughafen Berlin-Brandenburg oder die Elbphilharmonie sind Beispiele für mangelhafte Entscheidungen, schlechte Planungsprozesse und miserable Kommunikation.
Legitimation von politischen Entscheidungen muss heute mehr leisten, als noch vor 10 Jahren. Es reicht nicht aus, einen Planungsprozess rechtmäßig durchzuführen. Er muss gut kommuniziert werden und im Idealfall im Prozess bereits mit dem Bürgerinnen und Bürgern entwickelt werden. Dazu bedarf es Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, die auch die Fähigkeit zur Kommunikation, zur Selbstreflexion und Selbstkritik besitzen. Dies um so mehr, als in unseren Parlamenten sich immer mehr Menschen in Mandaten finden, die sehr schnell, teilweise als Quereinsteiger plötzlich wichtige Entscheidungen treffen müssen. gingen früher noch kommunalpolitische Laufbahnen die Tätigkeit in Gewerkschaften, gesellschaftlichen Verbänden, in den Selbstverwaltungsorganen der Studierendenschaft voraus, so kommen heute oft „Frischlinge“ ins Parlament, immerhin getragen von Lebenserfahrung aber selten von politischer Prozesserfahrung.
Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker müssen heute kommunizieren und motivieren, emotionalisieren und analysieren, planen und verändern, formen und begleiten, differenzieren und entscheiden, sich selbst vertrauen und Vertrauen schaffen. Führungskräfte in der Kommunalpolitik müssen in der Lage sein, aus einer bunten Truppe ein Team zu formen. Das ist im Zweifelsfall eine schwierigere Aufgabe, als eine Fußballmannschaft zu trainieren oder ein Orchester zu dirigieren.
Worum geht es?
Um den beschriebenen, vielfältigen Anforderungen gerecht zu werden, müssen Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sich im Kern unterschiedlicher Methoden und settings stellen. Dazu gehören Supervision und Coaching, Mentoring, natürlich fachliche Seminare und Schulung ihrer Kommunikationsfähigkeit. Traktionen müssten Teambildungsprozesse durchführen und sich bei Konflikten auf Mediationen oder Aufstellungsarbeit einlassen.